Halten

«Halten Sie sich fest», herrschte mich der Busfahrer an, nachdem ich beinahe umgefallen war. In der Stosszeit waren keine Sitzplätze mehr frei gewesen, darum hatte ich mich zwangsläufig dazu entschieden, zu stehen, doch in einer Kurve hatte ich das Gleichgewicht verloren. Die alte Dame, an deren Sitzlehne ich mich gedrückt hatte, schaute kritisch zu mir hoch.
«Ist ja gut», erwiderte ich und griff nach der Haltestange über mir. Als meine Finger sie umschlossen, merkte ich, wie sie klamm und kalt wurden. Etwas ging da nicht mit rechten Dingen zu. Ein Fluch, schoss mir durch den Kopf. Ich war dazu verdammt, mich ewig an dieser Stange festzuhalten, bis jemand die Worte sprach, die mich erlösten. Am besten der Busfahrer selbst; indessen hatte der sich um den Strassenverkehr zu kümmern. Seine Aufmerksamkeit zu erregen, schien mir da zu gefährlich. Deshalb versuchte ich ruhig zu bleiben und mit der Dame über das Wetter zu plaudern. Sie hatte nichts als einen irritierten Blick für mich übrig. Bei der nächsten Station stieg sie aus. Die übrigen Passagiere taten es ihr nach und nach gleich, und der Bus entleerte sich, bis nur noch ich und der Chauffeur übrig waren. Endlich blickte er in den Rückspiegel.
«Sind Sie immer noch hier?», brummte er missmutig. Anscheinend hatte er an der Endstation eine stille Pause einlegen wollen.
«Das ist der Fluch», erklärte ich.
«Was für ein Fluch?», fragte er.
«Ich muss mich hier festhalten, bis Sie mich gehen lassen.»
«Dann gehen Sie schon.» Er öffnete per Knopfdruck die Tür.
Ich bedankte mich und stieg aus. Trotz unfreiwilliger Ausfahrt wäre ich bald zu Hause.

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